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Hausnotruf

„Ohne Hausnotruf wäre der Kunde nicht in der Lage auf sich aufmerksam zu machen“

Am 17.07.2024 berichtete der SWR über Defizite in der rettungsdienstlichen Versorgung. Wir sprachen mit Yasin Yildiz, Leiter Hausnotruf beim ASB Bad Kreuznach.

Portraitfoto Yasin Yildiz
Yasin Yildiz leitet den Fachbereich Hausnotruf Foto: ASB

Ein Kritikpunkt lautete, dass Hausnotrufalarme mit unnötigen Fahrten das System Rettungsdienst belasten würden. Siehst du eine Belastung des Rettungsdienstes durch den Hausnotruf?

Nein, entgegen manch anderen Anbietern trägt unser Hausnotruf sogar zur Entlastung des Rettungsdienstes bei. Grundsätzlich ist der Hausnotruf ein Hilfsangebot, dass schnelle und unkomplizierte Hilfe im eigenen zu Hause ermöglichen soll. So kann eine Hausnotrufkundin mittels Knopfdrucks auf sich aufmerksam machen, bspw. wenn sie nach einem Sturz nicht mehr aufstehen kann. Ohne Hausnotruf ist das Telefon schlimmstenfalls nicht erreichbar.

Okay, bleiben wir bei dem Beispiel. Der Hausnotruf wurde durch die Kundin ausgelöst. Was passiert dann?

Der Notruf geht in der Hausnotrufzentrale ein. Diese kann über das Hauptgerät nachfragen, was passiert ist. Auch wenn die Kundin keine Antwort gibt, weil sie unter Umständen im Keller ist, wird sie eindeutig identifiziert. Ergibt sich aus der Antwort – oder eben dem Ausbleiben einer Antwort – der Bedarf zur Kundin Hilfe zu schicken, wird der Hausnotrufbereitschaftsdienst aktiviert. Dieser nimmt den Kundenschlüssel auf und fährt dorthin. Je nach Lage wird dann Hilfe geleistet oder eben auch der Rettungsdienst gerufen.

Das klingt nun aber nicht danach, dass hier der Rettungsdienst hier stark belastet wird. Der Bereitschaftsdienst wird doch nur dann den Rettungsdienst alarmieren, wenn dies auch tatsächlich erforderlich ist?

Ja, richtig. Unsere Helfer beurteilen zuerst die Situation vor Ort. Die Erfahrung zeigt, dass es zum größten Teil um Hilfeleistungen geht. Die Kundin aus dem Beispiel hat sich dann nicht schlimmer verletzt, sondern braucht vor allem Hilfe beim Aufstehen. Haben wir uns vergewissert, dass es ihr gutgeht, bleibt der Rettungsdienst außen vor.

Win-win oder wie?

Tatsächlich sind unsere Kunden sehr froh, dass nicht sofort ein Rettungswagen vor der Tür steht. Das ist nämlich manchem unangenehm. Wir kennen auch unsere Kunden ziemlich gut und können individuell unterstützen.

Was aber, wenn nun doch eine schwerere Verletzung oder schlimmeres vorliegt?

Wenn die Zentrale bei der Kontaktaufnahme mit dem Kunden direkt feststellen kann, dass ein medizinischer Notfall vorliegt, dann alarmiert sie immer auch den Rettungsdienst. Unser Bereitschaftsdienst ist dann Schlüsselzubringer. Denn auch der Rettungsdienst muss schnellstmöglich in die Wohnung kommen. Eine Türöffnung durch die Feuerwehr ist zeitaufwendig und in der Regel mit Beschädigungen verbunden.

Aber wenn die Zentrale nun nichts rausbekommt, der Kunde antwortet nicht. Was tut ihr dann?

In diesem Fall kann natürlich ein Notfallgeschehen nicht ausgeschlossen werden. Die Anzahl an Fehlalarmen ist aber sehr hoch. Denn ein Sender, den man 24h am Tag bei sich trägt, wird auch mal unbeabsichtigt betätigt. Wir entsenden in diesem Fall daher immer den Bereitschaftsdienst, der sofort nach dem Wohlergehen des Kunden schaut.

Könnte das nicht eine Verzögerung bedeuten? Also erst Bereitschaftsdienst, dann Rettungsdienst?

Nein, denn ohne Hausnotruf wäre der Kunde nicht in der Lage gewesen auf sich aufmerksam zu machen. Kommen wir auf das Fallbeispiel der gestürzten Kundin zurück. Sie kann das Telefon nicht erreichen. Bemerkt würde das dann erst, wenn wieder regelhaft Besuch zu ihr kommt oder die Nachbarschaft Rufe hört oder sich über die Nichterreichbarkeit wundert. Das kann dauern. Durch den Hausnotruf vergeht nur eine kurze Spanne, bis Hilfe da ist. Wenn sich nun zeigt, dass ein Bruch vorliegt, wird nach erster Hilfe durch den Bereitschaftsdienst der Rettungsdienst alarmiert.

Das klingt schlüssig. Aber wie kommt denn der SWR nun zu der Aussage, dass Hausnotruf den Rettungsdienst belastet?

Die Hausnotrufanbieter müssen einen eigenen Bereitschaftsdienst vorhalten; Anbieter ohne Bereitschaftsdienst, das sind gerne überregional agierende Unternehmen, können Hilfe nur über die Leitstelle und damit den Rettungsdienst abbilden. Dann fährt ein Rettungswagen eben auch zur Hilfeleistung. Das ist natürlich eine schlechte Konstellation, da das Fahrzeug dann nicht für Notfälle zur Verfügung steht. Aber auch die Entscheidung, wann zu einem Hausnotruf direkt der Rettungsdienst geschickt werden soll, ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen bei verschiedenen Leistungserbringern. Selbstverständlich sollen eindeutige Notrufe durch den Rettungsdienst bearbeitet werden. Eine große Anzahl von Fehlalarmen führt aber zur Ressourcenbindung und ist dem System Rettungsdienst abträglich.